Vorspiel
Das Gebäude, das heute als „altes Rathaus“ bezeichnet wird, wurde zwischen 1728 und 1732 von Kardinal-Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn errichtet. Es war das Eingangstorgebäude zu einem Jagdschloss, das sich westlich der heutigen Kirche befand. Mit der Auflösung des Fürstbistums Speyer, kam die gesamte Anlage in badischen Besitz und wurde 1813 den umziehenden Dettenheimern zur Verfügung gestellt.
Rathaus im Torbogen
Ab 1813 diente das Gebäude als Rathaus. Da das Türmchen auf dem als Kirche genutzten Schlosshauptbau nicht stabil genug war, wurden die von Dettenheim mitgebrachten Glocken, sowie die Kirchturmuhr im Speicher des alten Rathauses aufgehängt. Die Spuren dieser Befestigung sind heute noch zu sehen.
Der südliche Teil, der heute die Vereinsräume des Heimatvereins beherbergt, wurde ab 1819 als Wohnung vermietet, ab 1835 an den Nachtwächter als Teil seines Einkommens vergeben. Zu dieser Wohnung gehörte auch eine Kammer auf der Nordseite, in der heute der HV-Shop untergebracht ist. |
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1825 wurde das alte Rathaus gezeichnet. |
Nachdem ab 1857 für die auf 175 gestiegene Schülerzahl ein zweites Unterrichtszimmer nötig war, wurde auch dieses im alten Rathaus eingerichtet. Durch den Umzug von Uhr und Glocken in die gerade fertiggestellte Kirche entspannte sich die Raumnot etwas. Das Schulzimmer befand sich im nach südosten gelegenen Raum, der heute die Ausstellung „Karlsdorf um 1813“ zeigt, aber offenbar noch nicht durch eine Mauer vom Ratszimmer abgetrennt war, von dem ein Teil mitbenutzt wurde.
Ab 1861 wurde in der ehemaligen Nachtwächterwohnung die Gemeindewaage eingerichtet und der Ratschreiber als Wiegemeister beauftragt. |
Das alte Rathaus vor 1913. An der Stelle der Gedenktafel befindet sich auf dieser Aufnahme noch ein Fenster. |
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens von Karsdorf wurde Anfang Juni 1913 im Rahmen der Feierlichkeiten die Gedenktafel zu Ehren Großherzog Karls an der südlichen Ostfront des Gebäudes eingeweiht.
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Das alte Rathaus während des ersten Weltkrieges mit Soldaten auf Fronturlaub (links). Die Anlässlich des 100-jährigen Ortsjubiläums aufgestellt Gedenktafel in Groß (rechts). |
In der Folgezeit wurden weitere Umbaumaßnahmen vorgenommen. Zum einen wurde der südöstliche Vorplatz, der heute „Karlsdorf um 1813“ zeigt, abgetrennt und mit einer feuerfesten Tür versehen. In den 30er Jahren wurde die Sirene am Dach angebracht. Wegen des zunehmenden Straßenverkehrs durch den Torbogen wurden die Zugänge zum Alten Rathaus auf die Außenseiten verlegt.
Bereits mitte der 50er Jahre wurde in Karlsdorf konkret über einen Rathausneubau nachgedacht. Nach der Verlegung des Saalbachs und dem Abriss der Mühle erfolgte von 1960 bis 62 der Neubau. |
Raumaufteilung 1960
Nachspiel
In den 1970er und 80er Jahren fiel das alte Rathaus in einen Dornröschenschlaf |
Nach der Fertigstellung des neuen Rathauses 1962 wurde das alte Rathaus zunächst als Wohnung vermietet, jedoch brach 1971 ein Feuer aus, worauf das Gebäude renoviert werden musste und fortan leer stand. Mit der Aufstufung der Amalienstraße zur Kreisstraße und infolge des gestiegenen Verkehrs wurde 1969 ein Kreisverkehr um das alte Rathaus eingerichtet, sodass nicht mehr durch den Bogen gefahren wurde. Seit 1982 ist der Heimatverein Mieter des Gebäudes und begann darin das Heimatmuseum einzurichten. Im Zusammenhang mit den 175-Jahr-Feiern Karlsdorfs 1988 wurde im September 1987 der umgestaltete Kreisverkehr freigegeben, am 11.12.1987 das Museum eröffnet und ab 23.07.1988 das erste „Karlsdorfer Altes-Rathaus-Straßenfest“ gefeiert. |